Hinweis- und Informationssystem (HIS) der Versicherungswirtschaft
oder „Versicherer-Schufa“?

Gemäß Eigenangaben der „Informa Risk & Fraud Prevention“ unter www.informa-irfp.de dient das Hinweis- und Informationssystem (HIS) der deutschen Versicherungswirtschaft im Interesse der Versicherungskunden der Aufdeckung und Prävention von Versicherungsbetrug und –missbrauch. Das HIS wurde zum 01.04.2011 in Betrieb genommen und wird für die Versicherer als Hilfsmittel für die Prüfung der in Versicherungsanträgen gemachten Angaben und bei der Aufklärung von Schadenfällen mit Manipulationsverdacht beworben. Hinweisen aus dem HIS gehen die Versicherer im Rahmen ihrer Risiko- und Leistungsfallprüfung nach, bei entsprechendem „Verdacht“ werden die Einzelfälle eingehend geprüft.

Das alles geschieht gemäß gesetzgeberischer Begründung bzw. Eigenbewerbung alles selbstverständlich nur zum Wohle aller Versicherten, um Versicherungsbetrag und entsprechend höhere Prämien der Versichertengemeinschaft usw., usw., zu unterbinden. Das sind wie immer bei solchen Datensammlungen, wohl ansehnliche Ansinnen und Zwecke, allerdings hat die Sache –wie immer im Leben- auch eine Kehrseite bzw. andere Seite der Medaille. Die Versicherer werden bei der Aufklärung von Schadenfällen mit Manipulationsverdacht unterstützt, da nur berechtigte und nicht missbräuchliche Ansprüche befriedigt werden dürften. Aufgrund fehlerhafter, unwahrer, unvollständiger oder auch betrügerischer Angaben entstünden der Versichertengemeinschaft bzw. den Versicherungsgesellschaften jährlich Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro!

Das HIS sei auch keine „schwarze Liste“ bzw. keine „Betrügerdatei“, eine Meldung im HIS löse keinen Automatismus aus und bedeute auch nicht, dass der Betroffenen keinen neuen Versicherungsvertrag mehr erhalte oder künftige Versicherungsfälle abgelehnt würden. Der Antrag stelle lediglich ein Signal dar, bestimmte Vorgänge in der Bearbeitung auf Seiten der Versicherer näher zu betrachten. Der Datenschutz sei im HIS natürlich auch gewährt und im Übrigen führe eine HIS-Meldung für sich allein natürlich auch nicht zur Ablehnung eines Versicherungsanspruchs. Selbstverständlich gebe das HIS dem Versicherer lediglich einen Hinweis, den Leistungsfall nur etwas eingehender zu prüfen usw. usw. usw.

Das alles hört sich – wie immer – ganz gut und sehr zuverlässig an, wie sieht die Praxis aus bzw. was wird daraus praktisch? Das HIS-System bzw. die Versicherungswirtschaft sammelt eine gigantische Flut an Daten über (vermeintlich auffällige) Schäden und alles was an Informationen dazugehört!

„Auffällig“ wird man bereits dann, wenn sich eine „atypische Schadenhäufigkeit“ eingestellt hat, „besondere Schadenfolgen“ vorliegen bzw. „Auffälligkeiten im Leistungsfall“ vermeintlich ausgemacht werden. Unter die Kategorie „besondere Schadenfolgen“ fällt allein, wenn ein Fahrzeugschaden fiktiv auf Netto-Basis eines Gutachtens oder Kostenvoranschlags abgerechnet wird und eine gewisse Schadenhöhe überschritten sei. Durch die Meldung solle vermieden werden, dass derselbe Fahrzeugschaden bei einem anderen Versicherer (bei welchem?) noch einmal eingereicht und somit mehrfach „abgerechnet“ werde. Die legitime und gesetzlich vorgesehene Abrechnung eines unverschuldet erlittenen Fahrzeugschadens auf fiktiver Basis stelle eine völlig unbescholtene Person also bereits unter den Verdacht, einen Schaden ggf. mehrfach (wo?) abrechnen zu wollen!

Ein ganz normaler Unfallschaden löst bereits mehrfache Meldungen an das HIS aus.

Beim gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherer und unabhängig davon, ob man konkret anhand einer Reparaturrechnung, fiktiv auf Netto-Basis des Gutachtens bzw. als Totalschaden abrechnet.

In der Rechtsschutzversicherung, sofern man behauptete Ansprüche gegen den Unfallgegner und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer einklagen muss.

Ggf. noch in der Vollkasko- bzw. Teilkasko-Versicherung, sofern der gegnerische Versicherer nicht zahlen will und man diesen Versicherungsbereich notgedrungen in Anspruch nehmen muss.

Ist man dann im selben Jahr noch Opfer eines Einbruchdiebstahls im Eigenheim geworden bzw. hat man einen Wasserschaden erlitten, ggf. noch einen weiteren Hagelschaden an einem anderen Familienfahrzeug, kann man sich ausmalen, wie es um das „persönliche Ranking“ im HIS bestellt ist.

Weitere Informationen aus der Eigenbewerbung des HIS selbst bzw. des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) erhalten Sie unter 

www.informa-irfp.de 

sowie 

www.gdv.de/his/.

Die Versicherer informieren betroffene Personen in der Praxis direkt, sobald sie diese an das HIS gemeldet haben. Meinen Erfahrungen zufolge wird quasi jeder Schadenfall im Bereich des Verkehrs- und Versicherungsrechts an das HIS in Baden-Baden gemeldet. Immerhin besteht für die Betroffenen die Möglichkeit, sich bei der Informa Insurance Risk and Fraud Prevention GmbH darüber zu erkundigen, ob und mit welchen Daten er im HIS espeichert
ist.